
In den letzten Tagen berichteten zahlreiche Medien (z.b. Spiegel Online) über den Fund des „vermutlich ältesten Champagners“ der Welt in einem Schiffswrack in der Ostsee. Den Medienberichten zufolge sollen diese aus den 1780er Jahre stammenden Flaschen aus dem Hause Veuve Clicquot kommen und während des Transportes an den russischen Zarenhof in der Ostsee untergegangen sein. Können die 30 von Tauchern geborgenen Champagnerflaschen wirklich von Veuve Clicquot sein?
Diese Frage muss nach Sichtung der Fakten wohl vorläufig verneint werden.
- Barbe-Nicole Ponsardin, die spätere Witwe Clicquot, wurde im Dezember 1777 geboren. Zur Witwe (französisch: „veuve“) wurde sie aber erst im Jahr 1805 – also lange nachdem die 30 Flaschen angeblich in der Ostsee versanken.
- In den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts war das Champagnerhaus Clicquot ein kleiner Betrieb, ohne jeglichen Berühmtheitsstatus. Das von Philippe Clicquot in 1772 gegründete Unternehmen produzierte nur rund 10-15.000 Flaschen pro Jahr.
- Es gab keine oder nur sehr geringe Exporte während dieser Jahre. Philippe Clicquot war hauptsächlich im Textilbereich tätig, und das Champagnerhaus war nur ein kleines Nebengeschäft. Der Export wurde erst vorangetrieben, als sein Sohn Francois nach der Heirat mit Barbe-Nicole Ponsardin in 1798 die Leitung des Champagnergeschäftes übernahm.
- Der Anker auf den Korken könnte allerdings auf einen Wein aus dem Hause Clicquot hindeuten. Dieses Zeichen wurde durchgängig auf den Produkten von Clicquot angebracht.
Punkt (1) macht es unmöglich, dass es sich wirklich um Champagner der Marke „Veuve Clicquot“ handelt. Basierend auf Punkt (4) könnte es sich aber durchaus um Champagner aus dem Hause „Clicquot“ handeln. Allerdings lassen die Punkte (2) und (3) es recht unwahrscheinlich erscheinen, dass ausgerechnet ein kleines Champagnerhaus ohne signifikante Exporttätigkeit eine Lieferung an den russischen Zaren sendet. Vielleicht ist hier der Wunsch der Marketingleute von Veuve Clicquot der Vater des Gedanken?
Mit Spannung darf die in den Medien angekündigte Überprüfung der Flaschen durch die französischen Experten erwartet werden. Die Tatsache, dass die Flaschen keine Etiketten trugen, ist nicht ungewöhnlich. Etiketten für Champagnerflaschen wurden erst nach 1810 eingeführt. Deshalb müssen diese Experten durch Analyse des Glases und Flascheninhaltes das genaue Alter und die Herkunft bestimmen. Möglicherweise ist der Champagner ein paar Jahrzehnte jünger … und könnte dann wirklich von der Witwe Clicquot stammen, die nach den napoleonischen Kriegen in Russland ungeheuer populär war.
das stärkste indiz dafür, dass es sich um champagner aus dem hause clicquot handeln könnte, ist tatsächlich der anker auf dem korken, wobei ich aus dem stand nicht weiss, ob der kurz nach der wiedereröffnung des hauses im jahr 1782 bereits verwendet wurde.
ende des 18. jhdt. waren natürlich alle champagnererzeuger vergleichsweise kleine betriebe (wobei 10.000 flaschen schon ein sehr respektabler ausstoss für die zeit sind) ohne nennenswerte exporttätigkeit. ob es sich nun bei den flaschen um eigene exportware oder vielmehr um eine geschenksendung des französischen regenten an seinen russischen cousin handelt, was mir wahrscheinlicher erscheint, ist unklar. dem sehr honorigen vater der nachmaligen witwe wäre ein solches exportgeschäft allerdings ebenso zuzutrauen, wie den seinerzeit recht harten konkurrenten von moet (die im übrigen den heutigen expertenstab für die untersuchung der flaschen nicht unmassgeblich bestücken).
Stimme komplett zu. Warten wir ab, was der Expertenstab herausfinden wird. Möglicherweise ist das Schiff ja auch deutlich später gesunken. Dann könnte es sogar richtiger Veuve Clicquot Champagner sein!
Gosset 1584
Allerdings machte das Haus Gosset im Jahr 1584 noch stille Weine, also keine Champagner. Die Herstellung von Champagner wurde der Legende nach erst vom Benediktiner Dom Perignon zu einem späteren Zeitpunkt erfunden 🙂